15 Mai 2024

Wer Opfer von Anlagebetrug wurde oder dies nur vermutet, sollte unbedingt die Polizei kontaktieren und alles Weitere persönlich mit einem seriösen Anwalt besprechen. Um weiteren Schaden zu verhindern, sollte man die BaFin, Verbraucherzentrale und eventuell auch ausländische Behörden informieren oder die Polizei darum bitten, das zu übernehmen. Offizielle Warnmeldungen kommen häufig erst zu spät, sodass man sich bei unbekannten Marktteilnehmern auf andere Mittel verlassen muss.

Nicht nur Einzelpersonen, sondern auch institutionelle Anleger, Stiftungen, Hedgefonds und sogar Banken waren bereits Opfer von Anlagebetrug
Nicht nur Einzelpersonen, sondern auch institutionelle Anleger, Stiftungen, Hedgefonds und sogar Banken waren bereits Opfer von Anlagebetrug

Was ist Anlagebetrug?

Anlagebetrug zielt darauf ab, ahnungslose Menschen zur Herausgabe von Geld zu bewegen. Dabei geben sich die Anlagebetrüger größte Mühe, völlig legitim zu erscheinen, mit Websites, Zeugnissen und Marketingmaterial, die den Anschein von Sachkenntnis erwecken. Man findet Unternehmen, Anschriften, gefälschte Bewertungen und sogar gefälschte oder gekaufte Interviews mit prominenten Persönlichkeiten.

Dank des Internets und künstlicher Intelligenz gibt es gefälschte Stimmen und Videos, die für einen Betrug aktiv werben. Sie könnten von Günther Jauch angerufen werden, von Donald Trump oder von ihrem Chef oder Arbeitskollegen, wenn der Betrüger Zugriff auf genügend Daten hat. Ein paar hundert Sprachnachrichten oder heimliche Aufnahmen am Telefon können dafür ausreichen. Dieser Aufwand wird aber nur betrieben ,wenn klar ist, dass es bei Ihnen Geld zu holen gibt. Üblicherweise wird Anlagebetrug mit attraktiven Zinsen umgesetzt oder das Kapital wird niemals in die versprochenen Anlagen investiert.

Die bekannteste Form des Anlagebetrugs ist das Ponzi-Schema (Schneeballsystem), bei dem Geld von neuen Anlegern gesammelt wird, um frühere Anleger zu bezahlen. Sie bekommen also Geld ausgezahlt und werden dann zu größeren Investitionen verleitet. Schließlich übersteigt die Summe der geschuldeten Gelder die der eingenommenen Gelder, und das System bricht zusammen, sodass alle Anleger auf der Strecke bleiben.

Was tun bei Anlagebetrug?

Bei Anlagebetrug gibt es eine kleine Chance, dass man sein Geld wieder bekommen kann. Man muss schnell handeln und es kommt darauf an, wie der Betrug abgelaufen ist. In jedem Fall muss man die zuständigen Behörden einschalten und den Zahlungsdienstleister, Bank oder ähnliches informieren, ob eine Rückbuchung möglich ist und den Betrug melden. Es gibt Hoffnung auf eine Rückerstattung bei Anlagenbetrug, wenn das Geld mit einer der folgenden Methoden bezahlt wurde:

  • Kreditkartenzahlung
  • Lastschrift (innerhalb 8 Wochen)
  • Einzelne digitale Zahlungsdienstleister

Wenn Sie das Geld durch eine der folgenden Methoden bezahlt haben, ist der einzige Weg in der Regel durch einen Rechtsanwalt und staatliche Behörden:

  • Banküberweisung
  • Kryptowährung auf Blockchains

Ist das Geld einmal überweisen, egal ob vom Bankkonto oder über eine Blockchain, lässt sich der Vorgang nicht mehr rückgängig machen. Danach lässt sich das Geld nur noch über einen Anwalt zurückholen, indem man den Betrüger ausfindig macht und den Betrugsfall vor Gericht bringt. Daher versuchen die meisten Anlagebetrüger anonyme zu bleiben und verraten möglichst wenig Informationen über sich selbst und vermeiden persönliche Treffen.

Anlagebetrug: Geld mit Anwalt zurückholen

Ist der einzige Weg, das Geld von den Betrügern mit einer Anzeige zu bekommen, muss häufig ein Anwalt zur Hilfe gezogen werden. Oftmals kann man ein kostenloses Angebot von einem Anwalt einfordern, die eine Kostenschätzung abgibt und Erfolgsaussichten, wenn der Fall geschildert wird. Bei einem zivilrechtlichen Prozess zahlt in Deutschland der Verlierer die Anwaltskosten. Es besteht aber das Risiko den Betrüger nicht zu finden, sodass man auf den Anwaltskosten sitzen bleibt. Als Privatkläger trägt man die Kosten für den Anwalt und das Verfahren, wenn die Anzeige eingestellt wird.

Die Verjährungsfrist beträgt bei Zivilrecht (Schadensersatzansprüche) grundsätzlich 3 Jahre, ab Kenntnis des Schadens. Um einen Anlagebetrug innerhalb dieser Frist anzuzeigen, müssen sie alle Beweise sammeln und einen Anwalt konsultieren. Ein Anwalt begleitet den Prozess bei der Polizei und unterstützt die Ermittlungen meistens schneller und effektiver, als man das als Privatperson kann. Besonders bei ausländischen Behörden kann es als Privatperson schwierig werden.

Handelt es sich bei dem Anlagebetrug um eine große Summe und es gibt noch keine öffentlichen Informationen zu Ihrem Betrugsfall, sollten Sie einen spezialisierten Anwalt für Anlagenbetrug konsultieren, um die Chancen zu erhöhen, das Geld zurückzuholen. Ist der Betrüger noch aktiv, ist die Chance größer, den Betrüger zu finden und vor Gericht zu bringen. Liegt das Geld erst auf ausländischen Bankkonten, können die heimischen Behörden meistens nicht mehr viel tun. Es gibt aber Fälle von Anlagebetrug, wo die Täter an Deutschland ausgeliefert wurden, wie der NDR berichtet.

Rechtsschutzversicherung bei Anlagebetrug

Geht es bei einem Anlagebetrug um große Summen, sollte immer ein Anwalt kontaktiert werden, da man keine Fehler machen sollte. Handelt es sich um kleine Beträge, lohnen sich die Kosten meist nicht und ein Anwalt macht nur Sinn, wenn man sich unbedingt an den Betrügern rächen will. Dafür muss man dann aber wahrscheinlich mehr zahlen, als man von den Betrügern erstattet bekommt. Oftmals kann eine Rechtsschutzversicherung greifen, die meistens Anlagebetrug bis zu einer bestimmten Summe einschließen. Eine solche Versicherung springt für Betrug ein und in der Regel nicht, wenn die Kapitalanlage 95 % an Wert verliert. Es wird dann kompliziert, wenn der Verlust der Kapitalanlage die Masche des Anlagebetrugs war, wie es bei Kryptowährungen häufig der Fall ist. Dennoch zählen Kryptowährungen zu den sonstigen Vermögensklassen, sodass ein finanzieller Schaden vorliegt.

Warnlisten für Anlagebetrug

Es gibt mehrere Behörden, die regelmäßig neue Warnlisten veröffentlichen, um vor neuen Betrügern zu warnen. Vor einer Investition sollten Sie sich immer über den Anbieter informieren und seine Unternehmensreputation prüfen. So kann man immerhin sicher sein, dass man nicht auf einen Wiederholungstäter hereinfällt. In Deutschland sollte zumindest einmal im Internet recherchieren und kann zusätzlich noch das Unternehmen bei der BaFin prüfen und auf europäischen Listen nachgucken:

  1. Unternehmensdatenbank der BaFin (Direktlink)

  2. Warnmeldungen der Europäische Wertpapier- und Markaufsichtsbehörde – ESMA

  3. FINMASchweizer Finanzmarktaufsicht mit über 1500 Einträgen

  4. FMA – Finanzmarktaufsicht Österreich

Wir haben eine aktuelle Liste von 50 Betrugsverdachtsfällen zusammengetragen: Warnliste Anlagebetrug 2024

Bei einer Investition oder wenn das Unternehmen im Ausland sitzt, gibt es weitere relevante Warnlisten für Anlagebetrug:

  1. Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO)

  2. Niederlande – Warnungen der AFM – Zugelassene Institute (DeNederlandscheBank)

  3. Frankreich – AMF Blacklist

  4. Italien – CONSOB

  5. Großbritannien – FCA

  6. Luxemburg – CSSF

  7. Zypern – CySEC

  8. Polen – KNF

  9. Liechtenstein – FMA

  10. Malta – MFSA

  11. Singapur – MAS

  12. Hong Kong – SFC

  13. USA – SEC

Anlagebetrug steuerlich absetzen

Es gibt einen kleinen Lichtblick, wenn die Polizei und Anwälte keinen Erfolg hatten und das Verfahren eingestellt wird. Handelt es sich bei dem Anlagebetrug um eine Masche, bei der man durch den Wertverlust der Kapitalanlage sein Geld verloren hat, darf man diesen steuerlich absetzen. Oftmals kann der Verlust der Kapitalanlage als Verluste gegen andere Gewinne gerechnet werden, wenn es sich bei der betrügerischen Kapitalanlage um ein passendes Produkt handelt. Das ist jedoch bei jedem Fall von Anlagebetrug unterschiedlich. Der direkte Verlustabzug wird vom Finanzamt von Privatpersonen aber meistens nicht akzeptiert, während ein Unternehmen diese aber als Ausgaben deklarieren darf. Ein guter Anwalt sollte Sie darüber aber längst informiert haben, wenn es zur Einstellung des Verfahrens kommt.

Größten Fälle von Anlagebetrug

Wirtschaftsskandale gab es in Deutschland einige in den letzten Jahren. Der Cum-Ex-Skandal von Bundeskanzler Olaf Scholz, der VW Abgasskandal und der Wirecard-Skandal haben große Wellen geschlagen und große Strukturen von Betrug in der Industrie und Politik offengelegt. Bei diesem Betrug handelt es sich aber mehr um Wirtschaftsskandale und nicht direkt um Anlagebetrug, obwohl wahrscheinlich einige Anleger Geld durch diese Vorfälle verloren haben. Die größten Fälle von Anlagebetrug in der Geschichte sind:

Madoff Investment Securities: 51 Milliarden Euro

Die Madoff Investment Securities LLC war ein amerikanisches Investmentunternehmen, das von Bernard Madoff geführt wurde. Der Schneeballsystem-Anlagenbetrug wurde 2008 aufgedeckt und wird oft als der größte Betrugsfall in der Geschichte der Finanzmärkte betrachtet. Weltweit waren 4.800 Investoren von diesem Betrug betroffen. Dazu gehörten Einzelpersonen, institutionelle Anleger, Stiftungen, Hedgefonds und sogar Banken, die Madoffs Unternehmen vertrauten und ihr Kapital investierten. Der Betrug wurde im Dezember 2008 aufgedeckt, nur weil die Anleger wegen der Finanzkrise ihre Mittel zurückforderten.

Stanford International Bank: 7,4 Milliarden Euro

Die Stanford International Bank war Teil eines massiven Anlagebetrugs, der von Robert Allen Stanford und seinen Unternehmen betrieben wurde. Etwa 5.000 bis 6.000 Investoren weltweit wurden von Stanford und seinen Vertriebspartnern rekrutiert, darunter viele wohlhabende Einzelpersonen, Unternehmen und institutionelle Anleger. Das Unternehmen gab falsche Informationen über die angeblichen Anlagen heraus, um den Eindruck von Stabilität und Profitabilität zu erwecken und hat Gewinne an die Investoren mit einem Schneeballsystem ausgezahlt.

Anlagebetrug in Deutschland: FlowTex: 4,2 Milliarden DM

Der Fall FlowTex war einer der größten Fälle von Anlagebetrug in Deutschland und betraf die FlowTex Technologie GmbH, ein Unternehmen, das in den 1990er Jahren von Manfred Schmider geführt wurde. Das Unternehmen sammelte insgesamt rund 4,2 Milliarden Deutsche Mark (ca. 2,15 Milliarden Euro) von Banken und Investoren ein, indem es vorgab, hochwertige Bohrgeräte zu besitzen und zu vermieten. FlowTex erfand eine komplexe Geschichte über den Besitz und die Vermietung hochwertiger Bohrgeräte. In Wirklichkeit existierten diese Geräte jedoch nicht oder waren von minderwertiger Qualität. Durch ein Schneeballsystem wurden Investoren mit dem Geld neuer Investoren ausgezahlt, sodass FlowTex erst im Jahr 2000 Insolvenz angemeldet hat.

MMM: 1,85 Milliarden Euro

MMM – Mavrodi Mondial Moneybox ist ein berüchtigter Finanzbetrug aus den 90ern in Russland und betrifft etwa 10 bis 15 Millionen Menschen. MMM wurde von Sergei Mawrodi gegründet und versprach Anlegern unrealistisch hohe Renditen für ihre Investitionen. Schätzungen gehen von umgerechnet 1,85 Mrd. Euro Anlagebetrug aus. Millionen von Menschen in Russland und anderen Ländern wurden von MMM angezogen, darunter auch viele unerfahrene Anleger und Menschen mit begrenztem Einkommen. Das Schneeballsystem von Mawrodi ist 1994 zusammengebrochen. Nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis hat Mawrodi weitergemacht und MMM India und MMM China, gefolgt von Europa, Kanada, Lateinamerika und Südafrika. Werden Bankkonten eingefroren, geht er in das nächste Land, zuletzt ist MMM Nigeria bekannt.

S&K – Köller und Schäfer: 200 Mio. Euro

S&K war ein deutsches Unternehmen, das in den Jahren vor seiner Insolvenz 2013 im Zentrum eines der größten Anlageskandale in Deutschland stand. Dabei wurden etwa 10.000 Anleger um 200 Mio. Euro erleichtert. S&K lockte Anleger mit dem Versprechen hoher Renditen durch Investitionen in Immobilienprojekte, die zu überteuerten Preisen gekauft wurden und Anleger wurden durch ein Schneeballsystem von neuen Anlegern ausgezahlt. Dadurch hat S&K weitere Investoren angelockt.

Um Anlagebetrug zu erkennen und zu vermeiden, muss man sich ein Bild über die Reputation des Anbieters machen
Um Anlagebetrug zu erkennen und zu vermeiden, muss man sich ein Bild über die Reputation des Anbieters machen

 

Anlagebetrug erkennen und vermeiden

Die vergangenen Fälle von Anlagebetrug zeigen imposant, dass selbst Banken und Hedgefonds Opfer von Anlagebetrug werden können. Es ist ratsam, aktuelle Warnlisten für Anlagebetrug zu prüfen und bei größeren Investitionen in eher unbekannte Unternehmen oder Personen vorsichtig zu sein. Anlagebetrüger können eine sehr gute Bonität haben, da diese mit einem erfolgreichen Schneeballsystem einen hohen Geldfluss haben. Eine gute Recherche des Anbieters ist ab bestimmten Beträgen Pflicht oder sollten vom Anlageberater durchgeführt werden.

Nutzen Sie für Ihre Recherche seriöse Auskunftsplattformen, wie z.B.:

Erhält man Anrufe oder E-Mails von unbekannten Personen, die eine Anlage anbieten, sollte man grundsätzlich ablehnen und den Kontakt sperren. Der Finanzmarkt wird von Behörden zwar streng kontrolliert, erkennt Betrüger aber erst, wenn diese einen Fehler machen. Ein neues Unternehmen ist schnell gegründet oder ein bestehendes Unternehmen wird auf ein Schneeballsystem umstrukturiert.