27 Mai 2025

Sind Online-Berwertungen glaubwürdig? – Ein anonymer Nutzer tippt eine Online-Bewertung – doch wer steckt dahinter?

Online-Bewertungen auf Portalen wie Trustpilot, Google Maps, Yelp & Co. haben enormen Einfluss auf Kaufentscheidungen. Über die Hälfte aller Online-Käufer:innen nutzen Kundenrezensionen als wichtigste Informationsquelle. Doch obwohl Sterne-Bewertungen überall präsent sind – vom neuen Staubsauger bis zum Restaurant –, ist das Vertrauen erschüttert:

Nur rund 2 % der Verbraucher vertrauen Online-Bewertungen voll und ganz. Dieser Bericht beleuchtet, warum die Glaubwürdigkeit solcher Portale im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) massiv in Zweifel steht. Recherchen zeigen, dass manipulierte Einträge weit verbreitet sind, Gerichte einschreiten mussten und eine eigene Schattenindustrie für gekaufte Bewertungen entstanden ist. Am Ende steht die provokante These: Aus Sicht von Qualitätsjournalismus und Verbraucherschutz sind diese Bewertungsplattformen weitgehend wertlos.

Ein anonymer Nutzer tippt eine Online-Bewertung – doch wer steckt dahinter?

Wissenschaftliche Befunde: Jede fünfte Bewertung könnte gefälscht sein

Zahlreiche Untersuchungen warnen, dass viele Online-Rezensionen eben nicht die ehrlichen Erfahrungen echter Kunden widerspiegeln, sondern oft manipuliert oder gekauft sind. So schätzt etwa eine Sektoruntersuchung des deutschen Bundeskartellamts, dass im Schnitt jede fünfte Online-Bewertung als gefälscht gelten kann. Ähnlich alarmierend sind internationale Befunde: Laut einem Bericht des Weltwirtschaftsforums verursachen Fake-Reviews global jährlich einen Schaden von rund 152 Milliarden Dollar – ein Hinweis auf das enorme Ausmaß des Problems.

Dass Verbraucher echte und falsche Bewertungen kaum auseinanderhalten können, belegte auch ein Undercover-Test der Stiftung Warentest im Jahr 2020. Warentest-Mitarbeiter heuern bei mehreren „Rezensions-Agenturen“ an und verfassten dutzende gekaufte Produktbewertungen.

Das Ergebnis war ernüchternd: In 63 % der Fälle mischten sich die Agenturen ein, oft mit der klaren Anweisung statt mittelmäßiger 3 Sterne lieber unberechtigt 5 Sterne zu vergeben. In jedem fünften Fall sollten die Tester das Produkt gar nicht erst ausprobieren, sondern ihre Rezension allein anhand von Fotos erfinden. Im Gegenzug wurde ihnen der Kaufpreis erstattet – so erhielten die Fälscher sogar das Label „verifizierter Kauf“ auf Amazon. Der Betrug lohnt sich dabei nicht nur für Verkäufer, sondern auch (wenn auch gering) für die Fake-Bewerter: „Mal bekamen wir 0,01 Dollar pro Auftrag, häufig durften wir die Ware behalten“, berichten die Tester.

Noch gravierender sind die Erkenntnisse zum lokalen Bewertungsmarkt (etwa bei Google Maps): Eine Datenrecherche von SRF und BR (Schweiz und Deutschland) deckte ganze Netzwerke gefälschter Profile auf, die massenhaft falsche 5-Sterne-Bewertungen bei Unternehmen hinterlassen. Auf den ersten Blick wirkten diese Profile vertrauenswürdig – mit angeblichen Namen, Profilfoto und sogar dem „Local Guide“-Status bei Google. Doch viele dieser Nutzer vergaben auffällig schnell hintereinander Bestnoten für völlig verschiedene Firmen in verschiedenen Regionen, was in der Realität höchst unwahrscheinlich ist. Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern bestätigt, dass die Dunkelziffer kaum genau zu beziffern ist: „Wie hoch die Anzahl der gefälschten Bewertungen ist, kann man nicht sagen“ – aber Verbraucher sollten Bewertungen auf keinen Fall blind vertrauen.

Die Schlussfolgerung der Warentest-Experten nach ihrem Undercover-Einsatz spricht Bände: „Jede noch so glaubwürdig klingende Rezension kann manipuliert sein“. Mit anderen Worten: Selbst scheinbar authentische Erfahrungsberichte könnten gekauft oder gefälscht sein.

Online Check - Scoredex

Skandale und Urteile: Wenn Gerichte über Bewertungen entscheiden

Die Problematik ist in der DACH-Region so akut, dass Gerichte und Behörden sich einschalten mussten. Ein prominentes Beispiel ist der Fall HolidayCheck: Das bekannte deutsche Hotelbewertungsportal (Teil der Burda-Gruppe) entdeckte 2018/19 ein Netzwerk, über das über 50 Hotels in Deutschland, Österreich und der Schweiz Fake-Bewertungen erkauft hatten. Hinter dem Betrug steckte die Agentur Fivestar Marketing UG, die auf ihrer Webseite offen frei erfundene Top-Bewertungen zum Verkauf anbot.

HolidayCheck markierte die ertappten Hotels zunächst mit Warnhinweisen und schickte Unterlassungsaufforderungen. Viele Hotels lenkten ein – einige lieferten dem Portal sogar Beweismaterial gegen die Agentur. Schließlich zog HolidayCheck vor Gericht (LG München I) und erzielte im November 2019 einen entscheidenden Sieg: Das Gericht erklärte gekaufte Fake-Bewertungen für rechtswidrig und untersagte Fivestar Marketing dieses Geschäftsmodell. „Fake-Bewertungen sind rechtswidrig“, stellte das Landgericht klar und stärkte damit den Kampf gegen Bewertungsbetrug. HolidayCheck bezeichnete das Urteil als „Erfolg auf ganzer Linie … wegweisend im Kampf gegen Bewertungsbetrug“. Fivestar Marketing musste alle getäuschten Bewertungen löschen lassen und offenlegen, von wem sie stammten. Dieser Fall zeigt exemplarisch, dass Manipulation kein Kavaliersdelikt, sondern eine unlautere Wettbewerbshandlung ist, die juristische Konsequenzen nach sich zieht.

Auch konkurrierende Unternehmen lieferten sich bereits Rechtsstreitigkeiten um Fake-Bewertungen. So stellte z.B. das OLG Frankfurt 2018 klar, dass ein Dienstleister, der gezielt falsche Negativbewertungen über seinen Konkurrenten verbreitet, gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. Solche Rufmord-Bewertungen gelten als irreführende geschäftliche Handlung (§5 UWG) und sind per Gesetz verboten. Unternehmen können in solchen Fällen Unterlassung verlangen und gerichtlich gegen die Verfasser oder Verantwortlichen vorgehen. In der Praxis kommen aber auch Drohkulissen zum Einsatz: Verbraucherschützer berichten, dass manche Händler verärgerten Kunden mit Anwaltsschreiben oder sogar Schadensersatzklagen drohen, um die Löschung negativer Kommentare zu erzwingen. Diese Taktik – juristischer Druck auf Kritik – führt dazu, dass legitime Beschwerden verschwinden und ein verzerrt positives Bild entsteht.

Ein weiterer vielbeachteter Fall betraf das Portal Yelp. Hier ging es weniger um gekaufte Bewertungen als um die Frage, wie das Portal selbst mit Bewertungen umgeht. Yelp filtert mittels Algorithmus viele Beiträge aus und zählt nur „empfohlene“ Reviews für die Gesamtnote – angeblich, um Fake und Gefälligkeitsbewertungen auszuschließen. Mehrere Unternehmen fühlten sich dadurch benachteiligt, weil etliche echte Positiv-Bewertungen ausgeblendet wurden. Über 70 Gerichtsverfahren gegen Yelp gab es in Deutschland seit der Übernahme des früheren Qype. 2020 landete der Streit vor dem Bundesgerichtshof (BGH):

Die Inhaberin einer Fitnessstudio-Kette klagte, da eines ihrer Studios bei Yelp nur 2,5 Sterne angezeigt bekam – obwohl es eigentlich Dutzende gute Bewertungen hatte, die aber von Yelps Filter als „nicht empfohlen“ ignoriert wurden. Der BGH entschied letztlich zugunsten von Yelp: Weil Yelp transparent auf das Filterverfahren hinweist und ausgeblendete Beiträge einsehbar sind, sei dieses Relevanzsystem zulässig. Aus juristischer Sicht darf ein Portal also Bewertungen gewichten oder aussortieren, um Manipulation vorzubeugen – solange Nutzer über diese Praxis informiert werden.

Für die Glaubwürdigkeit heißt das aber auch: Die Gesamtbewertung auf Yelp (und ähnlich arbeitenden Plattformen) ist kein simples Durchschnittsbild, sondern das Ergebnis von Algorithmus-Entscheidungen, was weitere Intransparenz schafft. Viele kleine Unternehmer fühlen sich solchen Mechanismen ausgeliefert, da sie nicht nachvollziehen können, ob echte Kundenstimmen zählen oder unter den Tisch fallen.

Die Schattenindustrie: Gekaufte Sterne und Lösch-Dienste

Hinter der Fassade der Bewertungsportale hat sich ein regelrechter Graumarkt etabliert: spezialisierte Dienstleister, die positive Rezensionen gegen Bezahlung liefern – oder negative Einträge entfernen. Die Stiftung Warentest fand in ihrem Undercover-Test gleich sieben Agenturen, die Top-Bewertungen „im Paket“ anbieten.

Der übliche Tarif: rund 10 Euro pro 5-Sterne-Bewertung, oft verkauft als Bundle (z.B. 10 Bewertungen für 99 €). Tatsächlich bestellten die Tester für einen Test-Shop bei zwölf Agenturen insgesamt 120 Google-Bewertungen – und erhielten binnen kurzer Zeit 49 Lobeshymnen geliefert. Einige fielen zwar wieder dem Filter zum Opfer (11 Stück erkannte Google offenbar als Fakes und löschte sie), aber der Großteil blieb online. Erschreckend echt wirkten die erfundenen Texte: „Ein Vater berichtete begeistert, wie gut das Angebot bei seiner Tochter ankommt“, zitiert Warentest, „Rezensenten gingen ins Detail auf Leistungen ein, die sie nie in Anspruch genommen hatten“. Mit genug Kreativität lassen sich also glaubwürdige Fake-Erfahrungsberichte verfassen – für Laien kaum zu entlarven.

Namentlich bekannt wurde durch den HolidayCheck-Fall die Firma Fivestar Marketing, doch sie ist nur eine von vielen. Eine gemeinsame Recherche von BR und SRF spürt mehrere professionelle Anbieter auf, die teils sogar mit Google-Anzeigen offensiv für ihre Dienste werben. Diese Firmen sitzen nicht nur in Deutschland, sondern agieren teils aus dem Ausland (bis hin zu Briefkastenfirmen auf den Seychellen).

Der Preis pro Fake-Review liegt je nach Qualität meist zwischen 5 und 15 Schweizer Franken (ca. 5–14 €) – echte, personalisierte Texte von langjährigen Profilen kosten mehr, automatisch generierte Baukasten-Kommentare sind billiger. Einige Agenturen lassen die Auftraggeber die Wunsch-Bewertung sogar selbst formulieren, um „authentische“ Details sicherzustellen, und posten diese dann über ihre Fake-Accounts online.

Die Nachfrage scheint groß: „Hier tut sich gewaltiges Geschäftspotential auf“, heißt es treffend in der Analyse. Schließlich kann ein kleiner Betrieb mit genügend gekauften 5-Sterne-Bewertungen seine lokale Konkurrenz ausstechen und in Googles Suche nach oben rücken – denn „auch Google-Rezensionen fließen in das Ranking in lokalen Suchergebnissen ein“, wie Google selbst bestätigt.

Neben der Vergabe von falschen Bestnoten blüht auch das Geschäft mit dem Bereinigen schlechter Einträge. Zahlreiche Online-Reputationsagenturen werben damit, unerwünschte Bewertungen „verschwinden“ zu lassen. Ein Beispiel ist die deutsche Firma Novitum GmbH mit ihrer Marke Bewertungshelden. Nach eigenen Angaben hat sie bereits für über 10.000 Unternehmen negative Google-Bewertungen entfernt.

Ihr Geschäftsmodell: Sie stellen Löschanträge bei Google oder dem jeweiligen Portal und kassieren nur im Erfolgsfall (erfolgt keine Löschung, fallen keine Kosten an). Die Bewertungshelden betonen, feste Ansprechpartner bei den Plattformbetreibern zu haben und im Sinne ihrer Kunden „risikofrei“ und effizient zu arbeiten. Juristische Auseinandersetzungen mit den Verfassern der Bewertungen vermeiden sie; stattdessen wird direkt bei Google eine Prüfung der „Echtheit“ angefordert.

Dies zeigt: Selbst das Melden und Löschen von Bewertungen ist mittlerweile ein Service, den Firmen einkaufen können – ein Indiz dafür, wie sehr das Vertrauensprinzip von Online-Bewertungen gestört ist. Denn die Grenze zwischen berechtigter Beschwerde und „unakzeptabler“ Negativbewertung, die es zu tilgen gilt, verschwimmt hierbei. Auffällig ist zudem eine perfide Masche, von der vereinzelt berichtet wird: Erpresser-Bewertungen, bei denen unbekannte Nutzer absichtlich 1-Stern-Kommentare streuen, um dem Unternehmen dann (gegen Bezahlung) deren Entfernung anzubieten. Solche Fälle zeigen, dass Bewertungen auch als Druckmittel missbraucht werden können – die Authentizität steht dabei völlig im Hintergrund.

Regulierung und Verbraucherschutz: Viel Luft nach oben

Angesichts dieser Probleme stellt sich die Frage: Was tut der Gesetzgeber, um Verbraucher zu schützen? Auf EU-Ebene und in den DACH-Ländern gab es in den letzten Jahren erste Schritte. Im Mai 2022 trat eine Gesetzesänderung im UWG (Umsetzung der EU-„Modernisierungsrichtlinie“) in Kraft, die Bewertungsportale zu mehr Transparenz verpflichtet. Seither müssen Anbieter klar offenlegen, ob und wie sie sicherstellen, dass veröffentlichte Rezensionen tatsächlich von echten Kunden stammen. Das umfasst z.B. Informationen darüber, nach welchen Kriterien Bewertungen gefiltert oder geprüft werden und ob alle – also auch negative – Beiträge veröffentlicht werden.

Die Idee dahinter: Verbraucher sollen erkennen können, welche Vorkehrungen ein Portal gegen Fakes trifft (etwa algorithmische Checks, Verifizierungen als „verifizierter Kauf“ etc.). Zudem ist seit 28. Mai 2022 ausdrücklich verboten, mit gefälschten Bewertungen zu werben oder solche in Auftrag zu geben – das UWG stuft dies als unlautere Praxis ein.

In der Theorie klingt das nach schärferen Regeln. Doch die Praxis hinkt hinterher. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) untersuchte 2023 stichprobenartig zahlreiche Online-Shops und Portale – mit ernüchterndem Befund: 86 % der geprüften Anbieter erfüllten die neuen Informationspflichten nicht oder nicht ausreichend. Viele Portale verschweigen weiterhin, ob sie Bewertungen auf Echtheit überprüfen, oder platzieren diese Hinweise so versteckt, dass Verbraucher sie kaum finden. Die vzbv-Analyse zeigte auch, dass Unternehmen immer noch systematisch Bewertungen manipulieren, etwa durch Gutschein-Anreize für positive Feedbacks oder Drohungen gegen Negativ-Rezensenten. „Auffällig gewordene Händler und Shops kaufen positive Rezensionen und locken mit Gutscheinen für Höchstbewertungen“, so der vzbv. Gleichzeitig würden unliebsame Bewertungen aggressiv bekämpft – teils mit Anwaltsschreiben, um Kunden zur Rücknahme zu bewegen.

Kurz: Die Wettbewerbsverzerrung durch manipulierte Sterne ist weiterhin Realität, neue Gesetze hin oder her.

Regulierer und Behörden sind zwar sensibilisiert, aber oft zahnlos. Das Bundeskartellamt etwa mahnte 2020, dass Portale mehr gegen Fake-Bewertungen tun sollten. Kartellamtspräsident Andreas Mundt betonte, wie schwer Verbraucher echte und unechte Rezensionen unterscheiden können. Er prangerte eine “regelrechte Fake-Bewertungsbranche” an: Positive Stimmen ließen sich kaufen, etwa durch kostenlose Produkte oder sogar vollautomatisiert per Bots. Doch zugleich gestand die Behörde ein, dass ihr die Befugnisse fehlen, um direkt gegen solche Verbrauchertäuschungen vorzugehen. Sie könne nur Appelle und Tipps aussprechen.

Auch die großen Plattformen selbst verweisen auf eigene Maßnahmen: Trustpilot z.B. veröffentlicht jährliche Transparenz-Berichte und betont, man habe 2023 über 3,3 Millionen Fake-Reviews gelöscht – rund 6 % aller eingereichten Bewertungen. Der Großteil davon werde mittlerweile von KI-gestützten Systemen automatisch erkannt. Zudem habe Trustpilot tausende Warnhinweise auf Firmenprofilen veröffentlicht und rechtliche Schritte gegen einige Unternehmen eingeleitet, die beim Review-Betrug erwischt wurden. Google wiederum beteuert, man überprüfe Beiträge „rund um die Uhr“ auf Echtheit und lösche betrügerische Rezensionen sofort, ggf. würden auch Nutzerkonten gesperrt. Dennoch gelingt es offensichtlichen Fälschern immer wieder, durch die Maschen zu schlüpfen, wie die oben genannten Recherchen zeigen. Kritik kommt daher auch von den Medien: So stellte eine Schweizer Datenuntersuchung 2021 fest, Google tue „seit langem zu wenig“ gegen die bekannten Fake-Netzwerke.

Unterm Strich fehlt es an flächendeckender Durchsetzung der Regeln. Zwar können Verbraucher in Deutschland und der Schweiz problematische Bewertungen melden oder Verbände Abmahnungen aussprechen – doch proaktiv entdeckt und verhindert werden Manipulationen selten. Viele Tricks (z.B. die Praxis, Produkte mit „★★★★★“ zu bewerben, obwohl es noch gar keine Kundenbewertungen gab) waren lange erlaubt; erst ein vzbv-Verfahren untersagte 2021 eine solche irreführende Darstellung durch Urteil des LG Berlin. Aber Belohnungen für Positivbewertungenoder aggressive Methoden gegen Negativbewertungen sind bis heute Grauzonen, die vom Gesetz kaum erfasst werden. Hier klafft eine Lücke, die findige Anbieter nutzen.

Fazit: Vorsicht, fake! – Warum Bewertungsportale an Wert verlieren

Online-Bewertungen sollten eigentlich ein Mittel zur Demokratisierung von Qualität sein – echte Kundenfeedbacks als Kompass für Kaufentscheidungen. In der Realität jedoch ist dieses System im DACH-Raum massiv untergraben. Wissenschaftliche Studien, Behördenuntersuchungen und Undercover-Recherchen weisen übereinstimmend darauf hin, dass ein großer Teil der Sterne- und Erfahrungsbewertungen manipuliert, erkauft oder anderweitig verzerrt ist. Konkrete Skandale wie die Fivestar-Affäre zeigen, dass selbst namhafte Portale von Betrug betroffen sind und erst Gerichte eingreifen mussten. Gleichzeitig boomt eine fragwürdige Dienstleistungsbranche, die Bewertungen als Ware behandelt – seien es positive Kommentare „von der Stange“ oder das professionelle Wegklagen kritischer Stimmen.

Für Verbraucher bedeutet das: Die schönen Sterne glänzen oft falsch. Ein scheinbar hervorragend bewerteter Arzt, Handwerker oder Online-Shop könnte seinen Ruf erkauft haben, während kritische Stimmen systematisch unterdrückt wurden. Aus Sicht des Verbraucherschutzes haben Bewertungsportale damit einen Großteil ihres Werts eingebüßt. Sie sind – so hart es klingt – in ihrer jetzigen Form weitgehend wertlos, wenn es um verlässliche Orientierung geht. Qualitätssuchende Kunden laufen Gefahr, von einem künstlich aufpolierten Bewertungsbild in die Irre geführt zu werden. Sabrina Wagner vom vzbv warnt, Verbraucher hätten bei diesem „Kampf um Höchstbewertungen das Nachsehen“ und würden über die tatsächliche Güte von Produkten und Anbietern getäuscht.

Für den qualitätsbewussten Journalismus sind solche Plattformen ebenso wenig ein belastbarer Gradmesser – zu groß ist die Möglichkeit der Manipulation. Gerade im DACH-Raum, wo Rechtstreue und Verbraucherschutz einen hohen Stellenwert genießen, ist diese Entwicklung alarmierend. Solange echte Kundenstimmen nicht von gekauften zu unterscheiden sind und klare Regulierungslücken bestehen, sollten Bewertungen auf Portalen wie Trustpilot, Google oder Yelp mit äußerster Skepsis betrachtet werden. Die Verantwortung liegt sowohl bei den Plattformbetreibern, hier rigoroser aufzuräumen, als auch bei Gesetzgebern, endlich wirksamere Regeln zu schaffen. Bis dahin gilt für Verbraucher: Verlassen Sie sich nicht blind auf Online-Bewertungen – sie könnten pures Theater sein.

Quellen:

Verbraucherzentrale Bundesverband,
Stiftung Warentest,
Bundeskartellamt,
HolidayCheck/Burda,
SRF/BR Datenrecherche,
Focus Online,
t3n,
LTO,
SWR3,
Pressemitteilungen Trustpilot & Bewertungshelden.